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Marcel Proust
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La Vie c'est Ailleurs
- Hommage à Marcel Proust
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für Sopran, Violine, Kontrabaß,
2 Altsaxophone,
Posaune und Akkordeon
1996 - 98
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Die in der Komposition verwendeten Textsplitter entstammen einer
Passage aus dem 4. Band von Marcel Prousts "Auf der Suche
nach der verlorenen Zeit" - sie sollen jedoch innerhalb
der Musik nicht als Sinnträger zur Geltung kommen, sondern
fungieren als musikalische Paßwörter in eine Klangwelt,
die ein Pendant zur Proust'schen Sprach- und Bilderwelt sucht.
So wie beim Lesen der "Suche nach der verlorenen Zeit"
der lange Atem, das geduldige Umkreisen von scheinbar unbedeutenden
Einzelheiten und die ekstatische Langsamkeit der Erzählweise
einen gewaltigen Sog erzeugen, der mit fortschreitender Leseerfahrung
immer stärker wird - so möchte die Musik den geneigten
Hörer in einen Zustand verführen, der gleichzeitig
von ,,Zugreifen" und ,,Loslassen" geprägt ist,
den einzig sinnvollen Zustand ästhetischen Lernens: die
paradoxe Einheit von Anspannung und Ruhe.
Die 13 Musikstücke werden in der Aufführung ergänzt
durch 4 reflektive Prosatexte von Verena Joos zur Proust'schen
Bilder- und Gedankenwelt.
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Reinhard Karger, Kassel im März 1998
Die Texte von Verena Joos zum Marcel Proust-Projekt
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PRESSE |
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Hessische / Niedersächsische Allgemeine, 8. Juli 1997 |
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MARCEL PROUST
Quelle tiefer Einsichten
(...) In Verena Joos' Essay, den Helmut
Mooshammer mit spürbar wachsendem Engagement las, erfährt
der Hörer ihren Zugang zu Proust, und sie entdeckt in der
Gestalt des Ich-Erzählers die Verbindung von Museum und
Kirche, in ihren Gedanken Szenen mit den drei Bäumen auf.
Das ist dann auch die Quelle der Inspiration für Reinhard
Kargers Komposition, für die er die exquisit variable Stimme
der Sopranistin Traudl Schmaderer gewann. Kraft und Geschmeidigkeit
verbinden sich mit ausdrucksvoller Schönheit in den Vokalisen,
unvergleichlich im großen Soloteil, ganz dezent von der
Violine Katrin Langes begleitet. Keinem Stil verpflichtet, gewinnt
Kargers Komponieren die atmosphärische Dichte der Proust-Texte,
zuweilen in' kunstvoller Eintönigkeit, aber auch elementar
aufbrechend.
Das Ensemble ist vorzüglich besetzt mit Kerstin Mattem
(Kontrabaß), Kathrin Vogler (Akkordeon), Thomas Krilleke
und Karsten Pittner (Saxophon) und der virtuosen Posaunistin
Bettina Köhler (...)
Bernd Müllmann
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Hessische
/ Niedersächsische Allgemeine, 29. Januar 1998 |
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MARCEL PROUST
Klangmuster von Raum und Zeit
Mit außerordentlichem Interesse
reagierte das Publikum auf ein ungewöhnliches Konzert-Projekt
zu Texten von Marcel Proust im Sepulkralmuseum.
KASSEL - Sehr zurückgenommen, mit Tendenz zum Pianissimo,
setzt das Cello ein. In gleicher Zurückhaltung gesellt sich
der Klang zweier Altsaxophone dazu. Einzelne Töne des Akkordeons
verfremden diesen Klang, zusätzlich irritieren kurze Einwürfe
der Posaune. Ebenfalls im Pianissimo übernimmt jetzt die Violine
den Streicherpart.
Leicht und schwebend stehen klare Klangmuster im Raum, da
erhebt sich eine Stimme, und wie ein Lichtstrahl legt sich
der leuchtende Sopran der vorzüglichen Traudl Schmaderer darüber.
Langsam entwickeln die Musiker eine Folge von Tönen, die in
ihrer Harmonik und rhythmischen Struktur zwar eine dissonante
Spannung aufbauen, die im Grunde aber eine Art Ruhepunkt umkreisen,
einholen, sich darauf niederlassen, besonders durch das wahre
Nichts unendlicher Pausen.
"La vie c'est ailleurs" - übersetzt als "Das Leben ist woanders"
- heißt das Werk, das Reflektionen zu Marcel Prousts "Auf
der Suche nach der verlorenen Zeit" wiedergibt. Eine Komposition
in Ton (Reinhard Karger) und Wort (Verena Joos), die auf ganz
eigenwillige Weise sich der Proustschen Diktion mit seinen
Schachtelsätzen, seinen Ziellosigkeiten, seiner Detailbesessenheit
nähert. Mit allen diesen Formen spielen beide Künstler hervorragend,
was besonders deutlich wird im Weglassen des bisherigen Proustschen
Originalzitats und der Konzentration auf die spielerisch reflektierenden
Texte der Ich-Erzählerin Verena Joos.
Scheint die Musik im Raum die Zeit anzuhalten, treiben die
Texte im eigenen Umsichselbstdrehen die Zeit wieder voran.
Text und Musik sind hier zwei unterschiedliche Ebenen, die
erst im langsamen Daraufeinlassen, im eigenen Mitdenken beeindrucken.
Auf diesen besonderen Anspruch reagierte das Publikum mit
außerordentlichem Interesse: Die Aufführung im Sepulkralmuseum
war restlos ausverkauft.
Gabriele Doehring
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Hessische / Niedersächsische Allgemeine, 28. Februar 2000 |
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URAUFFÜHRUNG
Ganz viel Zeit gelassen
Mit Marcel Prousts "Auf der Suche
nach der verlorenen Zeit" setzten sich Reinhard Karger und
Verena Joos kompositorisch und in Texten auseinander.
KASSEL - Vieles ist nur
in der Zeit erlebbar, so wie Musik. Für anderes muss man
sich viel Zeit nehmen, etwa für Literatur. Einen besonders
langen Atem benötigt man dabei für ein Werk, das selbst
von und über Zeit handelt: Marcel Prousts "Auf der Suche
nach der verlorenen Zeit". Schnell mal an einem Wochenende
durchlesen, geht nicht. Das dauert schon ein, zwei Jahre,
wenn man's genau nimmt.
Erweist man danach tief beeindruckt diesem Werk eine sprachlich-musikalische
Reverenz, braucht das auch Zeit. Zwei pausenlose Stunden
am Freitag abend beanspruchten Verena Joos und Reinhard
Karger dafür. Eine Zeit, die nicht alle Besucher der Uraufführung
in der Martinskirche aufbringen wollten. Sie nahmen den
Titel der Veranstaltung "La Vie c'est ailleurs - Das Leben
ist woanders" offenbar wörtlich und eilten von dannen.
Wer aber in gelassener Ruhe sich auf das Dargebotene einließ,
kam voll auf seine Kosten. Verena Joos trug vier selbst
geschriebene Essays vor, eingebettet in zahlreiche musikalische
Miniaturen von Reinhard Karger. Während die Texte, witzig-brillant
wie erwartet, unterschiedliche Aspekte des Proustschen Kosmos
bündelten, widmeten sich die Kompositionen einer einzigen
Szene: dem Anblick einer Gruppe von drei Bäumen, die wie
schemenhafte Wesen mystische Erinnerungen wachrufen. Heranschwebend
verdichten sich die Töne der sechs Instrumente (Violine,
Kontrabass, Akkordeon, Altsaxophon, Posaune), schließen
sich erst nacheinander in der Zeit zu einem Gesamtgefüge
zusammen. Die scharf konzentrierten, oft symmetrischen Strukturen
steigern sich gemächlich und entschwinden ins Unfassbare.
Der klare Sopran von Traudl Schmaderer fügt sich hier als
zusätzliche Klangfarbe wunderbar in das Spektrum des Instrumentalensembles
ein.
Anerkennender Applaus für einen ungewöhnlichen Kunstgenuss,
für die exquisiten Solisten vom Staatstheaterorchester und
für die nachempfindende musikalische Leitung von Hans Darmstadt.
Gabriele Doehring
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